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Bullitt – Was Cargobikes mit Altona verbindet

Es gab Zeiten – genauer gesagt in den ersten Jahren des 19. Jahrhunderts, da war Altona nach Kopenhagen die zweitgrößte Stadt Dänemarks und hatte einen florierenden Freihafen. Ja, Dänemark. Ja, eigenständige Stadt. Und ja, Freihafen. Sogar den ersten in Nordeuropa überhaupt.

Für die Historiker unter uns: Nach dem verlorenen Deutsch-Dänischen Krieg verlor aber Dänemark die Verwaltungshoheit über Altona. Die Eigenständigkeit als Stadt hielt immerhin bis 1937. Und der Freihafen verschmolz mit Hamburg und wurde – heute lassen sich in Europa solche Sonderzonen als Zolllager überall deklarieren – 2013 aufgelöst.

Auch wenn die Einwohner seinerzeit nicht wirklich traurig darüber waren, dass der dänische Einfluss auf sie vorbei war, spürt man ihn heute immer noch. Bilden wir uns zumindest ein. Irgendwie hat es Altona geschafft, lässig zu bleiben. Eine oft gesehene dänische Eigenart. Und ein bisschen stolz auf ihre dänische und durch viele Überlieferungen liberale Vergangenheit sind die Altonaer auch. Zu Recht. (Lesen Sie mal nach. Oder noch besser, besuchen Sie das Altonaer Museum, ist interessant!).

Und was hat das jetzt mit Fahrrädern zu tun? Genau, erst mal nichts. Und doch irgendwie alles, wenn man den schnellsten Vertreter der Cargobike-Riege betrachtet. Das Bullitt von Larry vs. Harry aus Kopenhagen. Also aus Dänemark, das neben Holland die Lastenräder in großem Maße zurück in das Straßenbild brachte. Und seit einigen Jahren in die Metropolregionen, auch in Deutschland. Irgendwie habe ich als Kind wohl schon ein Faible für Lastenräder gehabt. Die Post hat früher ihre Diensträder verkauft. Ich habe es nie geschafft, bei so einer Verkaufsaktion dabei zu sein. Vielleicht hängt mir das nach. Jedenfalls ist aus dem begehrten Bäckerrad von damals der Wunsch nach einem aktuellen Modell erwachsen. Wir sind in der Redaktion von SEASIDE keine Fahrradtester. Es gibt unterschiedliche Bauformen,mit zwei oder drei Rädern.

Neben dem schon angesprochenen Bäckerrad, wie früher bei der Post, gibt es noch unterschiedliche Varianten in Lastverteilung und Aufbau. Wir haben uns in die Long-John-Variante verliebt, besonders in das Bullitt Bike. Weil es für uns die lässigste Variante von Cargobike darstellt. Pfeilschnell, schnittig, und die Profis fahren auch damit – die Fahrradkuriere.

Aber, das Comeback der Cargobikes hat gar nicht so sehr etwas mit dem Stylefaktor zu tun. Der kam später. Sie sind einfach unglaublich praktisch. Nicht ausschließlich, aber gerade in der Stadt. Staus gehören der Vergangenheit an, und wir ziehen entspannt und mit einem Lächeln auch zur rush hour an den Autokolonnen vorbei.
Die Parkplatzsuche beschränkt sich auf ein Minimum. Ganz ohne geht es nicht, schließlich sind die Schätzchen ja nicht ganz billig, und ein guter Ankerpunkt zum Befestigen des unbedingt hochwertigen Schlosses ist Pflicht. Sie sind idealer Familien-Van-Ersatz und stecken einen moderaten Einkauf nebst Passagieren locker weg, selbst bei mehreren Kindern. Je nach Kondition und Antrieb lassen sich auch größere Strecken problemlos bewältigen. Dabei bieten die Hersteller oft mehrere Gangschaltungen an. Hat man viele oder starke Steigungen zu überwinden, ist die Aufrüstung zum eBike eine sinnvolle Investition. Mit 25 Kilo in der Grundausstattung ist das Bullitt ein Leichtgewicht. Andere Modelle kommen schnell auf 40 Kilogramm ohne Zuladung.

Zugegeben, es wird sicher Wettersituationen geben, in denen einem das – wenn es denn überhaupt noch da ist – Grinsen gefriert oder mit einer Gesichtsdusche gespült wird und einem die Autofahrer mitleidig oder schadenfroh aus ihrer trockenen Blechzelle zuwinken. Aber erstens ist das selten, zweitens muss die Brut, wenn vorhanden, an die frische Luft. Am besten immer, auch wenn es mal ungemütlich ist. Und drittens kann man sich auf diese Situationen vorbereiten. Also ausrüstungstechnisch. Sowohl den Fahrer als auch die Cargo-Abteilung, für die es sowieso schon spezielle, regensichere Varianten zu ordern gibt.

Noch gar nicht angesprochen, aber vielleicht einer der stärksten Beweggründe für den Hype um die Cargobikes gerade in solchen Stadtteilen wie Altona, Ottensen oder Sternschanze in Hamburg aber genauso Hannover-Nordstadt oder -Linden, ist der Umweltfaktor. Cargobikes sind klimaneutral, haben so gut wie keine Geräusch- und gar keine Abgasemissionen. Damals, als ich noch scharf auf ein ausrangiertes Postfahrrad war, dachte ich wohl mehr daran, einfach ein anderes Fahrrad zu haben (die vielen zusammengedengelten Sonderbauten lasse ich jetzt mal aus), um nicht dem Mainstream anzugehören. Ich lege mich fest, heute kann man das noch mit dem Cargobike erreichen. Aber in naher Zukunft werden sie weit mehr Anhänger haben und eine wichtige Entlastung unserer Großstadt-Verkehrslage sein.

Probefahren geht auch

Wer mal ein Cargobike probefahren möchte, kann das sicher ohne Probleme beim Händler seines Vertrauens. Google weiß das alles. Es gibt bereits einige Sharing-Modelle im Norden, falls für Sie ein Cargobike doch eher nur für den Einzelfall in Frage kommt. Vielleicht für die Städtereise.

Kostenlos Cargobikes leihen können Sie im Norden in:

HAMBURG

Klara ist ein Hamburger Projekt, bei dem Sie sich ein Cargobike für bis zu drei Tage kostenlos leihen können. Registrierung und Buchung läuft ganz bequem über klara.bike. Unterstützt wird das Projekt von Ahoi Velo Cargobikes: ahoi-velo.de

HANNOVER

Hannah (nein, diese Namen denken wir uns nicht selber aus) ist ein ähnliches Projekt aus Hannover. Hier ist man schon ein gutes Stück weiter, und es gibt schon eine ganze Reihe von Partnern. Unterstützt wird das Projekt von Velogold: velogold.de

Auch die stadteigene Initiative PedsBlitz in Hannover verleiht – in diesem Fall sogar als Pedelec – kostenfrei Lastenräder.

hannover.de/Service

KIEL

Das Kieler Tretwerk kielertretwerk.org wurde als studentische Initiative ins Leben gerufen und finanziert sich ebenfalls über Spenden. Unterstützt wird das Projekt von dem Cargobike Hersteller Babboe: babboe.de

OLDENBURG

Rädchen für alle(s) zeigt, dass auch kleinere Städte an tollen ressourcenschonenden Mobilitätsprojekten arbeiten. Auch hier können Sie kostenlos – gerne aber in Verbindung mit einer Spende – ein Lastenrad leihen.

Alle Infos, auch über die Partner des Projektes: lastenrad-oldenburg.de

Bullitt Bikes findet man noch nicht so häufig. Auf larryvsharry.com fnden Sie eine Karte mit allen Bullitt-Dealern wie zum Beispiel dem schon angesprochenen Velogold oder Vélo 54 velo54.de und Suicycle Store suicycle-store.com in Hamburg. Aber auch in Berlin, Bremen, Rostock und im Rest der Republik.

Fotos : www.larryvsharry.com