Dann und wann sollte es auch das urigste Nordlicht mal heraus aus seiner Komfortzone locken – auf Erkundungstour. So flüchteten wir aus dem altbekannten Hamburg mit dem VW-Bus gen „unbekannter“ Norden und ans Meer: nach Schwerin, Wismar und Flensburg – Mutter und Großmutter im Gepäck!
Gemeinsam mit meiner Mutter – die eine tolle Autofahrerin und große Abenteurerin ist –, trat ich die Autoreise in Hamburg an. Der Deal war: Sie fährt und ich plane. Unter diesen Rahmenbedingungen stimmte sie begeistert zu, und auch meine Großmutter sollte zu einem späteren Zeitpunkt zu unserer Mehrgenerationen-Reise hinzustoßen. Start war Freitag, die Siebensachen wurden schon am Vortag zusammengepackt. Mit einem großen Korb an Leckereien und Abenteuerlust fuhren wir mit unserem Mini Van los.
Schwerin
Der erste Halt war Schwerin, rund 100 Kilometer nordöstlich von Hamburg. Meiner Planung nach sollten wir die erste Nacht „frei parken“ (in Deutschland in den meisten Fällen nicht erlaubt). Nach etwa eineinhalb Stunden Autofahrt kamen wir im Schweriner Zen-trum an, am Schloss, umgeben von dem Schweriner See. Mitten in der Stadt mit viel Grün und kleinen Bootsanlegern sah die Kulisse in der Abenddämmerung märchenhaft aus. Ich war direkt beeindruckt! Kleiner Realitäts-Check: Die erste Meinungsverschiedenheit zwischen meiner Mutter und mir bahnte sich an. Natürlich fanden wir keinen Übernachtungsparkplatz, außerdem wurde es langsam dunkel, ungemütlich und kalt. Schließlich war es September. Also, wo sollten wir schlafen?
Einfach mal bei Google Maps schauen: Campingplätze Schwerin. Tatsächlich gibt es dort einige. Wir entschieden uns für den kleinen überschaubaren Campingplatz „Kaspelwerder“, der etwas außerhalb direkt an einem kleinen See liegt. Es war nicht viel los, und die freundliche Besitzerin teilte uns einen Platz direkt am Wasser zu. Hier war es so still und ruhig, wie ich es schon seit Langem nicht mehr erlebt hatte! Mit einem Korb voller Baguette, Käse, Weintrauben und Rotwein und einer Picknickdecke ließen wir den Abend auf einem kleinen Bootssteg ausklingen. Hier war es idyllisch, und wir hatten seit Langem mal wieder Zeit, uns tiefgründig zu unterhalten. Die Nacht hingegen war kalt, und morgens weckte uns das Tageslicht recht früh. Beim Öffnen der Van-Tür zog frische, klare Luft herein. Es roch nach Tau und Herbst, was ich, noch eingekuschelt im Bett, sehr genoss. Meine Mutter hingegen zog sich ihren Badeanzug an! Und noch vor dem ersten Kaffee sprang sie in das sieben Grad kalte Wasser und schwamm einige Runden!
Ich schüttelte nur den Kopf und machte erst mal Kaffee. Später ging es in die Stadt. Wir schlenderten durch die Gassen, schauten uns die Architektur an, verweilten im Café Prag und stöberten in Geschäften. Vor dem Schlossplatz war zudem ein Markt mit vielen bunten Ständen aufgebaut. Wir entdeckten einen, an dem ein älterer Herr Ringe, her-gestellt aus alten Silberlöffeln, anbot. Diese gefielen uns sehr, sodass wir gleich drei Stück kauften. Nach dem kleinen Drama von gestern suchten wir schon mal nach einer Parkmöglichkeit für die kommende Nacht. Gegenüber dem Schloss am See war ein Bootsgelände, wo sich auch ein Restaurant mit Seeblick befand. Da wir mit dem ausrangierten Bus von Segelprofi Boris Herrmann unterwegs waren, wo unübersehbar „Team Malizia“ draufsteht, kam uns die Idee: Warum nicht einfach auf den Parkplätzen am Hafen parken – aber, darf man das? Nach nettem Plausch und charmantem Lächeln war uns das ausnahmsweise genehmigt, da wir auch Seglerinnen sind, Jackpot! Wir standen direkt am See, mitten in der Stadt, gegenüber vom Schloss und hatten einen tollen Ausblick. Die Nacht war allerdings erneut ziemlich kalt – und meine Mutter wollte unbedingt mit offenem Fenster schlafen. Mich fror es, und ein bisschen Angst hatte ich auch. Am nächsten Tag machten wir eine Führung durch das Schweriner Schloss, was sehr beeindruckend war. Der Blick aus den großen Schlossfenstern auf den See und den Garten war atemberaubend. Insgesamt überzeugt mich Schwerin im Westen von Mecklen-burg-Vorpommern durch die vielen Gewässer, das Grün und die barocke und klassizistische Architektur der Altstadt.
Wismar
Gegen Nachmittag fuhren wir weiter nach Wismar. Erst einmal an den Hafen und dann schauen, wo man parken kann. Diesmal hatten wir bereits vorher mögliche Campingplätze herausgesucht. Tatsächlich gibt es in Wismar einen Campingplatz für Wohnmobile fast direkt am Wasser, der sehr zu empfehlen ist – der Wohnmobilpark Westhafen Wismar. Wir stellten das Auto dort ab und gingen in Richtung Hafen. Kreischende Möwen lockten uns zu den Fischkuttern, von denen Fischbrötchen verkauft werden. Die frische Seeluft stellte dabei einen merklichen Unterschied zu Schwerin dar. Wir fühlten uns gleich heimisch. Die Stadt überzeugte uns mit ihren vielen kleinen, bunten Altbau-Stadtvillen und -gassen. Insgesamt kann sich Wismars Architektur sehen lassen! Klein und überschaubar gibt es viele verwinkelte Ecken mit schönen Altbauten, auch das maritime Flair gefiel uns sehr.
Wismars Altstadt gehört – zusammen mit der von Stralsund – zum UNESCO-Welt-erbe. Nach einer Führung durch das 800 Jahre alte Dachgebälk der Wisma-rer Nikolaikirche, der zweithöchsten Backsteinkirche Europas, ließen wir den Abend im Wismarer Restaurant „Seeperle“ ausklingen. Dort gab es eine leckere, frische und große Scholle mit Speck zum fairen Preis von 12,50 Euro. Somit konnten wir uns für den nächsten Tag stärken.
HalbInsel Poel
Am nächsten Tag sollte es noch einmal ans Meer gehen. Nach kurzer Fahrt entlang der Küste über Kirchdorfer Hafen, Glowik, Seedorf und Timmendorf steuerten wir die Halbinsel Poel für einen ausgiebigen Strandspaziergang an. Vorbei an kleinen Häfen und Häusern, hauptsächlich Ferienhäuser, hielten wir am nördlichsten Punkt. Es war nicht sehr voll, das lag wohl an der Jahreszeit. Im Sommer ist dies mit Sicherheit ein sehr beliebter Hot-spot, welcher viele Tourist*innen anzieht. Das Meer war klar, die Wellen rauschten leise, und der Wind pustete uns sachte um die Ohren. Wir kamen richtig runter und genossen den Weitblick. Beseelt und hungrig zog es uns anschließend in eine heimische Bäckerei zu Kaffee und Kuchen. Eigentlich wollten wir auf der Insel nächtigen, waren aber unsicher, ob wir uns einfach irgendwo hinstellen konnten – es standen überall Parken-verboten–Schilder. Also, auf und zurück nach Wismar zum altbewährten Campingplatz! Am nächsten Tag fuhren wir mit vielen Impressionen wieder nach Hamburg, um einen neuen Gast in unserem Van willkommen zu heißen: meine Oma!
Flensburg & Dänemark
Die Anreise mit unserem Van von Hamburg nach Flensburg verlief unproblematisch. Diesmal buchten wir für die Nacht dennoch ein Airbnb.
Nachts war es einfach zu kalt, und eine Übernachtung im Van wollten wir meiner fast 90-jährigen Oma nicht zumuten. Zu dritt wäre es ohnehin etwas eng! Flensburg begegnete uns als -schöne, kleine nordische Stadt mit Hafen – das große Meer im Rücken. Wir gingen auf Entdeckungstour. Die Leute waren erfrischend ehrlich, bodenständig und freundlich. Ganz nach unserem Geschmack! Flensburg überzeugte uns außerdem mit seiner vielseitigen Architektur und den vielen alternativen Cafés, kleinen Boutiquen, und Second-handläden. Unser Fazit: klein, überschaubar, gemütlich, krea-tiv und nett zum Bummeln.
Am zweiten Tag beschlossen wir, eine kleine Rundreise zu machen. So fuhren wir auf der Küstenstraße mit Meerblick an den Strand und über die Grenze nach Dänemark. Die Flensburger Förde erstreckte sich dabei mit ihrer ganzen Schönheit vor uns, wir hielten immer wieder an kleinen Häfen. Der Blick aufs Meer verlockte einfach zum Träumen und zum Seele baumeln lassen. Am Meer zu sein hat viele Reize, man kommt zur Ruhe, ist nicht so gestresst. Wir haben unsere kleine Abenteuerreise wirklich sehr genossen und waren froh, mal so richtig raus aus der Großstadt zu kommen, dennoch freuten wir uns abschließend auch auf unsere Heimat: Hamburg. Trotzdem können wir Schwerin, Wismar und Flensburg für einen Kurzurlaub mit dem Van wirklich sehr empfehlen – wir kommen wieder!