Illustration: Anne Gaube

MS Seebiene – Plastikmüll zu Diesel

Bienen symbolisieren fast unerschöpflichen Fleiß und Ökologie auf Feldern und Wiesen. Seebienen tun das gleiche – nur eben auf dem Meer! Das Motorschiff „Seebiene“ ist fleißig und gut zur Umwelt – die Crew um Jens Oliver Wermter sammelt Plastikmüll und verarbeitet ihn an Ort und Stelle zu motorentauglichem Diesel.

Müll zu Sprit. Die „MS Seebiene“ auf Plastik-Fang in der Ostsee

Ein Gastbeitrag von Jo von Bahls

Bereits zur „Hanse Sail 2019“ war die „MS Seebiene” im Stadthafen der Hansestadt Rostock zu Gast und lud zum „Open-Ship“ ein, um auf die Verschmutzung der Weltmeere aufmerksam zu machen und gleichzeitig eine raffinierte technische Möglichkeit vorzustellen, hier Abhilfe zu schaffen. „MS Seebiene“ liegt jetzt schon seit Saisonbeginn 2020 an der Kaimauer des Rostocker Hafens. Sicher vertäut und für interessierte Besucher immer einfach zu finden – vor dem Nachbau des historischen Krans aus der mittelalterlichen Hansezeit.

Die “MS Seebiene”. Foto: Jens Wermter/sea-clean.org


Momentan will Kapitän Jens Oliver Wermter, der auch erster Vorsitzender des „Sea Clean e.V.“ ist, dem Verein die nötige Aufmerksamkeit bescheren, denn „das Interesse ist nicht so doll, wie ich es mir immer noch wünsche“. Dabei geht Jens Wermter auch durchaus unorthodoxe Wege der Öffentlichkeitsarbeit – und wenn dafür das bei manchen Zuschauergruppen beliebte Sendeformat rings um das Thema „Deutsche Auswanderer“ herhalten muss: Jens mit Freundin auf Malta.


So richtig genutzt hat die PR nicht. Warum das so ist? „Wahrscheinlich ist das Projekt so märchenhaft, dass viele Menschen nicht so recht daran glauben können“.
Das größte Problem liegt für den Berufskapitän aber viel tiefer – nämlich in der derzeitigen Ausrichtung des Umweltschutzes. „In Europa und vor allem in Deutschland gelten Umwelt-Begeisterte noch immer als mehr oder weniger grüne Freaks, die ähnlich den Leuten von Greenpeace heftige Aktionen starten und eher wenig mit der wirtschaftlichen Realität unserer Gegenwart zu tun haben.“


Für Jens Wermter hingegen stellt sich der Umweltschutzgedanke sehr realitätsnah dar: „Sobald eine Möglichkeit existiert, mit technischen Abläufen wirtschaftliche Erfolge zu generieren, werden diese Techniken auch umgesetzt. Wenn man also mit Umweltschutz auch Geld verdienen kann, dann wird das auch getan.“


Und der umtriebige Seemann hat eine Möglichkeit gefunden, genau diese Erkenntnis in die Realität umzusetzen. Der technische Prozess wird als Pyrolyse oder pyrolytische Zersetzung bezeichnet.


Mit einfachen Worten beschreibt der Kapitän das Verfahren als ganz „simple Geschichte“.
„Zuerst sammeln wir den Plastik­müll, dann kommt der in ein Gerät, in dem er erhitzt und später verflüssigt wird. Die Masse wird dann wieder getrennt – und nach weiteren technischen Prozessen erhalten wir Diesel, mit dem unter anderem Motoren angetrieben werden können.“
Diese Technik dazu heißt Biomass to Liquid (kurz BtL) und ist eine anerkannte Technologie zur Gewinnung von Biokraftstoffen der zweiten Generation. Im Gegensatz zu Bio-Treibstoffen der ersten Generation, wie Ethanol oder Bio-Diesel, müssten für BtL-Sprit heutige Motoren nicht umgerüstet werden.


„Ich werde weiter rausfahren und die Werbetrommel rühren, bis sich die Technologie endlich durchsetzt“, bestimmt der Kapitän den Kurs seiner „MS Seebiene“.
Und fleißig ist dabei nicht nur das Schiff – Jens Oliver Wermter geht wieder zur Schule, um dann auch unter Deck die Maschinen bedienen zu dürfen.

Mehr zum Projekt auf sea-clean.org