Jörg Knorr mit dem SUP Board auf der Schlei
Jörg Knorr

SUP Tour auf der Schlei

Abgesehen davon, dass es Stand up Paddling auch als Rennvariante gibt, ist das SUP Boarden ein perfekter­­­ Wassersport zur Entschleunigung. Man fühlt diese­­­ Ruhe auf dem Board. Dass das nicht nur für ein paar Stunden auf der Alster oder an einem lauen Sommer­tag auf der Ostsee funktioniert, sondern auch mehrere Tage, zeigt Jörg Knorr. Er hat sich mitsamt Ge­­­­­­­­­päck auf das Board gestellt und ist vom Selker Noor bis nach Schleimünde gepaddelt. Jörg Knorr ist Reise-Journalist und seit vielen Jahren mit dem Kajak, dem Kanu oder eben auch mit dem SUP Board am und auf dem Wasser unterwegs. Von seinen Reisen berichtet er in Büchern, auf Vorträgen und in Gastartikeln. Von seiner SUP Tour auf der Schlei, die dafür ein ideales Revier ist, schreibt er bei uns.


Stehend auf der Schlei, vom Selker Noor bis nach Schleimünde

Ein Gastartikel (Text und Bilder) von Jörg Knorr

Etwas Wind aus Südwest und an-genehme Temperaturen versprach Windfinder. Perfektes Wetter für einen Downwind-Schlei-Törn mit dem SUP Board schlussfolgerte ich und packte Ende September neben Board und Paddel auch Zelt und Schlafsack ein, um für zwei oder drei Tage den Ostseefjord stehend zu erkunden. 

Abendlicher Landfall: Autor Jörg Knorr uns sein Board finden einen Schlafplatz.
Abendlicher Landfall: Autor Jörg Knorr uns sein Board finden einen Schlafplatz.

Naturtheater Schlei

Die Badestelle am Selker Noor bei Schleswig ist der Startpunkt meiner Reise. Hier ist vom Wind noch nicht so viel zu spüren. Ruhig gleite ich der kleinen Holzbrücke entgegen, die das Selker- vom Haddebyer Noor trennt. Noch präsentiert sich der Himmel eher grau als blau. Angenehm milde September-Luft streicht um meine Beine, als ich am Wikingermuseum Haithabu vorbei paddle. Wie hinter einem sich öffnenden Vorhang, liegt nach dem Durchfahren der Straßenbrücke am nördlichen Noor-Ufer die Kleine Breite vor mir. Über dem Schleswiger Dom bilden sich blaue Löcher in der Wolkendecke und lassen erste Sonnenstrahlen auf das Wasser fallen. Als große Freiluft-Theaterbühne präsentiert sich die Schlei. Mit einem tiefen Atemzug, gefolgt von einem Juchzen drehe ich eine Kurve nach Nordost und ziehe langsam mein Paddeltempo an. Ein gleichmäßiger Rhythmus stellt sich ein, der fast etwas Meditatives hat.

In Missunde hinter der Großen Breite nehme ich etwas Druck vom Paddel, um die Durchfahrt durch die enge Passage ganz bewusst zu genießen. Die Schilfhalme neigen sich sacht im Wind. Unmittelbar vor mir kreuzt die Fähre den nur 120 Meter breiten Wasserweg zwischen den Landschaften Schwansen und Angeln. Viele Segelyachten liegen am Angelner Ufer. Die weltbekannte „Kathena Nui“, mit der der Einhandsegler Wilfried Erdmann die Erde nonstop umrundet hat, ist unter ihnen. Ich habe einige seiner Bücher gelesen. Er hat definitiv ein landschaftlich schönes Zuhause für sich und seine „Kathena“ ausgesucht. Hier zu wohnen muss tief befriedigend sein. Zeit für eine Pause in der warmen Sonne.

Das Ufer ist nie weit weg. Da kann man den Leuten bis in den Garten schauen.
Das Ufer ist nie weit weg. Da kann man den Leuten bis in den Garten schauen.

Ein Bett in Rieseby

Hinter der Missunder Enge öffnet sich die Schlei wieder. Eine Kurve nach rechts am Brodersbyer Noor vorbei, eine Kurve nach links, wobei ich die verschilfte Einfahrt zum Ornumer Noor passiere. Jetzt kann ich weit nach Nordosten über die Schlei schauen, die sich wie ein langer blauer Teppich vor mir ausbreitet. Gegenüber vom Gunnebyer Noor bin ich mit meinem Freund Chrischi verabredet. Da der Rückenwind mir hilft, ohne großen Kraftaufwand zügig Strecke zu machen, bin ich nach 20 Tageskilometern viel zu früh am vereinbarten Treffpunkt beim WSR (Wassersportverein Rieseby). Eine Stunde später sitze ich mit Chrischi auf der Bank und bekomme ein verlockendes Angebot: „Kannst bei uns zu Hause schlafen, wenn du willst.“ Etwas überrascht schaue ich kurz auf mein Gepäck, das unter anderem mein Zelt beinhaltet, und nehme die Einladung dann doch dankend an. Vor dem Zelt sitzend dem Sonnenuntergangskino beizuwohnen wäre auch nicht schlecht gewesen.

Kleinste Stadt am längsten Fjord

13 Kilometer liegen schon wieder in meinem Kielwasser. An der Klappbrücke bei Lindaunis habe ich einige Segelyachten überholt, die auf die Brückenöffnung warten mussten. Jetzt erreiche ich Arnis. Mit nicht mal 300 Einwohnern die kleinste Stadt Deutschlands. Die Hauptstraße des Städtchens verläuft parallel zum Schlei-Ufer. Hier treffen zwei Rekorde aufeinander. Die Schlei ist etwas länger als 40 Kilometer und damit der längste Ostseefjord Deutschlands. Ob die Schlei tatsächlich ein Fjord ist, soll hier nicht geklärt werden. Marketing-Menschen haben die Schlei zum Fjord gemacht. Klingt zumindest interessant. Und für eine SUP Tour auf der Schlei ist das auch unerheblich.

In Arnis lohnt sich der Besuch der kleinen Schifferkirche. Sie liegt nur einen halben Kilometer südwestlich vom Fähranleger entfernt. Nach drei Jahren Bauzeit wurde 1673 das Gotteshaus, ein Fachwerkbau, geweiht. 1731 wurden große Teile des Bauwerks mit einem Backsteinbau ergänzt. Nur die Nordwand zeigt auch heute noch die Fachwerktechnik. Der Glockenturm am Westende der Kirche wurde 1825 erneuert. Auffallend ist seine schlanke achteckige Spitze. Seit dem 18. Jahrhundert stifteten Arnisser Schiffer der Kirche Votivschiffe (Schiffsmodelle) als Dank für die Rettung aus Seenot. Daher der Name Schifferkirche.

Kappeln – Stadt der Heringe

Wiesen, Felder und beschauliche Wassergrundstücke passiere ich am westlichen Ufer auf dem Weg nach Kappeln. Mit zugekniffenen Augen schaue ich den Wolken, die wie kleine Wattebäuschchen über das Wasser treiben, hinterher. Sonnenstrahlen, die sich zwischen den Wolken ihren Weg bahnen, lassen Lichtkontraste entstehen, die die Schlei und ihre Ufer zum Leuchten bringen. Ich paddle der Kappelner Klappbrücke entgegen. Kappeln kann neben Schleswig als Hauptort an der Schlei betrachtet werden. Etwa 8600 Einwohner (2018) hat der alte Fischerort, der 1357 erstmals urkundlich erwähnt wurde. 1666 sollten die Einwohner Kappelns, das inzwischen ein bekannter Handelsplatz war, zu Leibeigenen gemacht werden. 64 Familien passte das gar nicht. Sie verließen den Ort und gründeten ein Jahr später den Flecken Arnis. Erst 1934 wurde aus dem Flecken Arnis die Stadt Arnis.

Doch zurück zu Kappeln und der Gegenwart. Ein Wahrzeichen des Ortes ist der Heringszaun. Er ist von der Brücke oder aber vom Board aus am besten zu bestaunen. Es ist der einzige noch existierende Heringszaun in Europa und steht unter Denkmalschutz. Die hölzerne Konstruktion ist quasi eine stationäre Reuse, die in einem Fangnetz endet, das von einem Boot aus hochgezogen werden kann. Wie eng die Stadt Kappeln mit dem Hering verbunden ist, lässt sich sogar am Stadtwappen nachvollziehen. Dort steht ein Christophorus in rotem Mantel zwischen blauen Heringen in blau-silbernen Wellen.

Die Gemeinde Maasholm, ein Erholungs-, Ferien- und Fischerort, kommt in Sichtweite. 

Dass ich dort ein leckeres Brötchen bekomme, weiß ich von zurückliegenden Schlei-Ausflügen. Der kleine Schlenker nach Norden ist kaum ein Umweg und lohnt sich schon rein kulinarisch betrachtet. Doch auch Geschichtliches lässt sich in Maasholm entdecken. An der Westseite des Ortes befinden sich die denkmalgeschützten Kahnstellen, mehr als 100 Jahre alte Anleger für traditionelle Schleikähne, mit denen die Maasholmer Fischer auf die Schlei ruderten oder segelten, um Aale und Heringe zu fangen. Ein Rundweg durch den Fischerort führt hier entlang.

Paradies Schleimünde

Ich wische mir die letzten Brötchenkrümel aus den Mundwinkeln und besteige mein Brett, um die restlichen zweieinhalb Kilometer zur Ostseemündung zu paddeln. Die Luft schmeckt nach Salz und Tang. Parallel zum schmalen Fahrwasser, an das sich Boote mit mehr Tiefgang halten müssen, versuche ich mich meinem Ziel zu nähern. Leider frischt der Wind nun deutlich auf, was mich zu einem großen Bogen an der Bucht von Olpenitz zwingt, um von dort aus mit achterlichem Wind sicher Schleimünde ansteuern zu können. Nach insgesamt 45 Kilometern auf dem Wasser trage ich schließlich doch ziemlich erschöpft Board und Ausrüstung an Land, baue mein Zelt auf und zahle beim Hafenmeister den Obolus für die Übernachtung. Schleimünde gehört zur Lotseninsel, einer gut 100 Hek-tar großen Halbinsel, die als Naturschutzgebiet die Schlei von der Ostsee trennt. Das Gebiet wird vom Verein Jordsand durch einen Vogelschutzwart betreut. Hier kommt man nur auf dem Wasserweg her.

Für mich ist Schleimünde einer der schönsten Orte an der Schlei. Ich würde sogar so weit gehen, Schleimünde als kleines Paradies zu bezeichnen.

In der Hochsaison kann der Hafen richtig voll sein. Ein unbedingt erwähnenswertes Highlight ist die Giftbude. Hier finden sich in der Saison, spätestens zum Abend, Bootscrews zusammen, um sich frischen Fisch, eine Currywurst und Getränke servieren zu lassen. Es ist der 20. September. Zum Abend machen sich die letzten Segelboote auf den Heimweg, und auch der Hafenmeister verschwindet. Die Giftbude ist schon seit Wochen geschlossen. Der Wetterbericht kündigt für morgen Starkwind aus südlichen Richtungen an. Wie soll ich da nach Maasholm kommen, wo meine Frau mich abholen will?

Rettung in Sicht

Während ich mir den Kopf darüber zerbreche, wie ich hier wegkommen soll, nähert sich ein Folkeboot Schleimünde. „Wollte eigentlich weiter nach Flensburg. Zu viel Wind.“ So fasst Jürgen, ein alter Segel-Hase, der sich allein auf dem kleinen Boot befindet, die Situation zusammen, nachdem wir uns begrüßt haben. „Werde zurück nach Arnis segeln. Soll noch windiger werden“, deutet er seinen Plan für morgen an. „Bingo“ raune ich leise mit einem freudigen Blick in Jürgens wache Augen, ohne dass er mich hören kann. Auf seine Frage, wie ich denn hierher gekommen sei, zeige ich dem Skipper mein Board und mein Zelt. „Mit dem ganzen Zeug auf diesem Brett?“, fragt Jürgen ungläubig nach und schüttelt immer wieder den Kopf, als ich ihm mein Schlei-Abenteuer beschreibe. 

„Ein Problem habe ich allerdings“, eröffne ich meine Not-Anfrage. „Kannst du mich morgen auf deinem Boot mit nach Maasholm nehmen?“ „Klar, das kriegen wir hin!“ 

Glück gehabt. 

Wissenswertes und Anlaufstellen für Deine SUP Tour auf der Schlei

Ausrüstung
Wer Mehrtagestouren mit Gepäck auf der Schlei plant, sollte ein tourentaugliches Board nutzen, das zum Gesamtgewicht von Paddler und Ausrüstung passt. Der Autor hat ein Board mit 265 Liter Volumen genutzt. Das Verpflegungsgewicht kann hier niedrig gehalten werden, da eine gute gastronomische Infrastruktur vorhanden ist.

Gewässer
Die Schlei eignet sich bestens für SUP Touren, wenn der Wind mitspielt. Frischt er auf, sollte man sich dem Gewässer mit Respekt nähern und sich eher auf geschützte Bereiche wie die Noore beschränken. Bei stärkerem Wind entstehen auf den breiteren Bereichen der Schlei kurze steile Wellen. Wenn die Windrichtung stimmt, sind vorzügliche Downwinder möglich. Vom Selker Noor paddelt man auf dem kürzesten Weg 43 km bis Schleimünde. Man passiert zwei Brücken (Lindaunis, Kappeln) und zwei Fährverbin-dungen (Missunde, Arnis) und kann zwischen dem Angelner- und Schwansener Ufer wechseln.

Einsetzstellen
Davon gibt es mehr als genug. Als Beispiele mit Parkmöglichkeit von Süd nach Nord seien genannt: Badestelle am Südostufer des Selker Noors, direkt an der B76 am Nordostende des Haddebyer Noors, die Angelner Seite der Schleifähre Missunde, Campingplatz Lindaunis, Sundsacker, direkt neben der Kappelner Klappbrücke auf der Schwansen-Seite und der Hafen Maasholm.

SUP Board Verleiher/Touren
Event Nature, Winnemark: eventnature.de
Surfschule Maasholm: surfcenter-maasholm.de
„Get up Stand up“ Kappeln: getupstandup.de
Wassersportgem. Arnis/Grödersby: wsg-arnis.de
Paddles & Fins Glücksburg: paddlesandfins.de
Wackerbay Surfstation Gelting: wackerbay.de

Schleiorte und Infos
Schleswig: schleswig.de
Arnis: arnis.de
Kappeln: kappeln.de
Maasholm: maasholm.de
Schlei: ostseefjordschlei.de
Schleilandschaft: naturparkschlei.de
Vogelschutzverein Jordsand: jordsand.de
Lotseninsel Schleimünde: lotseninsel.de
Wikingermuseum: haithabu.de