Sternbrücke im Hamburger Schanzenviertel
Simon Vogler

Hamburg – Sommer in der Stadt

Auslandsreise gecancelt. Lieblingshotel an Nord- oder Ostsee ausgebucht. Falls man einigermaßen in Schlagweite wohnt, stundenlang im Stau auf der Autobahn für gerade mal zwei, drei Stunden Strand als Tages­touri? Oder ist ein Großteil der Urlaubstage schon für die Kinder­betreuung draufgegangen? Machen wir uns nichts vor, dieses Jahr ist urlaubsmäßig kompliziert. 

Ein Drama daraus zu machen, hilft auch nichts. Vor allem, wenn dieses Drama eben nicht gesundheitliche oder finanzielle Gründe hat. Natürlich lieben wir das Verreisen. Nach Übersee und an unsere See. SEASIDE ist voller Geschichten aus dem Norden. Wenn Ausflüge oder Ferien aber gar nicht oder nur eingeschränkt planbar sind, trifft es sich doch ganz gut, als Alternative die schönste Stadt der Welt erkunden zu können. Unser Sommer in der Stadt in Hamburg.

Wir haben wir ein paar Denkanstöße für euch, wie ihr in und um Hamburg – das gilt für jeden anderen Wohnort genauso – eurem Corona-Sommer ein bisschen positiver entgegnen könnt. Was wäre, wenn das der Sommer eures Lebens wird? Ein Sommer, in dem ihr die Stadt aus einem neuen Blickwinkel kennenlernt. Ein Sommer, von dem ihr noch euren Enkeln erzählen werdet? Könnt ihr sie spüren und riechen? Diese Luft an einem warmen Sommerabend in Hamburg? Heiko Maas sagt: „Sommerurlaub, wie wir ihn kennen, wird es in diesem Jahr nicht geben.“ Kann man ja auch als Herausforderung sehen, sich jetzt erst recht eine gute Zeit zu machen.

Take it easy

Maskenpflicht, Kontaktsperre, und? Wir gehen zu Fuß, sind draußen! Klingt banal, und ist genau das Gegenteil. Ob Boberger Dünen, ein „Sprung über die Elbe“ nach Wilhelmsburg, Dove-

Elbe, Stadtpark oder Kiez. Nicht nur den Kiez, sondern auch euren Kiez. Die Stadt zu Fuß zu erkunden, lässt euch neue Pfade entdecken, alte wiederentdecken und den Blick für die Details schärfen. Die andere Perspektive, nämlich wortwörtlich auf Augenhöhe, und vor allem die Entschleunigung, räumt so ganz nebenbei auch den Kopf frei. Das alles ist umsonst und draußen. Nicht mehr umsonst, aber immer noch draußen, lässt sich das Ganze noch mit Hagenbecks Tierpark und den Wildparks im Umland würzen. Feiert das Leben in so einer geilen Stadt, denn das ist keine Selbstverständlichkeit. Es gibt genug Menschen, die das Leben nicht so feiern können wie wir. 

Alpaka-Chill

Alpaka Wanderungen rund um Hamburg
Pixabay

Stellvertretend für „macht doch mal was Skurriles, um euch die Zeit zu vertreiben“ wollen wir euch warm und weich Alpaka-Wanderungen ans Herz legen. Von zwei Stunden bis zu mehrtägigen Wanderungen könnt ihr rund um Hamburg auf gleich mehreren Farmen mit den Alpakas unterwegs sein. Die sanften Kameldingse werden auch in der Therapie eingesetzt, und es ist tatsächlich verblüffend, was für eine be­ruhigende Wirkung die übrigens völlig harmlosen Tiere als Wandergesellen auf uns haben. Wer partout keine Lust auf Spaziergang hat, kann übrigens oft auch einfach inmitten der Alpaka-Herde picknicken. Ein Day-SPA – wann auch immer das wieder möglich sein wird – entspannt euch garantiert nicht mehr als ein Tag mit den Alpakas.  

Övelgönne

Für wen die Sehnsucht nach Strand einfach zu groß ist, der kann trotzdem in Hamburg bleiben. Ab an den Elbstrand Övelgönne! Parkplätze sind rar, sowohl oben auf der Elbchaussee als auch am Wasser, daher lieber mit dem Fahrrad, dem Bus oder mit der Fähre anreisen. Ab Museumshafen Övelgönne wird hier alles sehr entspannt, und es fühlt sich irgendwie gleich nach Urlaub an. Mit Blick auf den Hafen, Bierchen in der Hand, Füßen im Sand und dank Südausrichtung auch mit mächtig Sonneneinstrahlung. Allerdings ziehen Strandperle und Ahoi auch gleich so viele „Urlauber“ an, dass es schnell voll wird. Je weiter ihr euch flussabwärts bewegt, desto höher ist auch die Chance, ein ruhigeres Plätzchen zu finden.

Hafenfähre

Wir schreiben ja nicht nur für Hamburger, daher hier für alle, denen das nicht klar ist: Die Hafenfähren gehören zum ÖPNV. Für kleines Geld, oder wenn ihr eh mit Hamburg Card unterwegs seid, bekommt ihr eine großartige Gelegenheit für eine Sightseeingtour auf dem Wasser inklusive kleiner Hafenrundfahrt. Es gibt mehrere Fährlinien, die Linie 62 fährt von den Landungsbrücken bis nach Fin­kenwerder. Perfekter Ausgangspunkt, um auf der anderen Elbseite das „Alte Land“ zu erkunden. Erfahrungsgemäß sind die Fähren bei schönem Wetter randvoll. Fahr­­­­­­­rad­­­­mitnahme ist erlaubt, aber ‘n Stündchen früher aufstehen erhöht die Mitnahmechance ungemein.

Green Kayak

Kostenlos auf Hamburgs Wasserstraßen rumdümpeln und dabei noch Gutes tun. Schnappt euch ein GreenKayak an einer der insgesamt sechs Verleihstellen und macht Hamburg dabei ein bisschen schöner. Der Deal für die bis zu zwei Stunden kostenlose Fahrt, ihr sammelt ganz nebenbei den Müll ein, der euch begegnet. Tue Gutes und rede darüber: Macht eure Tour über eure Social Media Kanäle bekannt (getaggt wird mit #greenkayak und #sauberesachefürhamburg) und werdet Teil einer großartigen Aktion. Wenn ihr die Challenge braucht, dann könnt ihr ja gegeneinander antreten. Am Ende eures Rides wird euer Fang gewogen und registriert. Ihr zahlt nichts, die Umwelt gewinnt. greenkayak.org

Belly Tours 

„Zur Rechten sehen Sie dies, zur linken Hand jenes…“ Wem diese Art von Stadtrundfahrt nicht so unbedingt gefällt, schnappt sich lieber ein Belly Boat und macht sich auf den Wasserweg: So wie Hamburgs stolze Schwäne, erobert ihr mit diesen kleinen Kuscheldingern ganz individuell die wunderschöne Außenalster mit ihren zahllosen Nebenkanälen – fast geräuschlos und total entspannt. „Erfinder“ war ein hobby-angelnder Farmer aus Amerika, der irgendwie einen teuren Treckerreifen zu viel in der Scheune hatte. In Erinnerung an die Schwimmringe seiner Kinder bastelte er an diese solide Ausgabe einen haltgebenden Kreuzgurt: Die Urform der Belly Boats war geboren. Knapp 100 Jährchen später weist Hamburg-Belly-Tours-Chef Jürgen Tews stolz auf seine 30 hoch­modernen Exemplare und sagt dazu: „Eine Entwicklung von der Kutsche bis zum Formel-1-Boliden!“ O.k.: mit dem Outfit – einer üppigen Wathose in neutralem Grau, wie sie Sportfischer gern tragen, und farblich perfekt abgestimmten (!) Schwimmflossen – würde Heidi Klum euch nicht spontan auf den nächsten Catwalk schicken; ist aber nützlich, weil: untenrum wird‘s ziemlich feucht! Bei dieser wässerigen Art der Fortbewegung müsst ihr euch nämlich selbst die Sporen – sorry: die Flossen – geben; ein bisschen Muskelkraft ist hier schon angesagt, um auf Touren zu kommen. Fünf verschiedene Routen stehen zur Auswahl, alle natürlich von einem Personal Guide begleitet, damit ihr nicht „ganz zufällig“ im gepflegten Garten eines der reichen und manchmal auch schönen Hanseaten strandet. Am liebsten gebucht werden natürlich die Rundtouren von zwei bis drei Stunden mit dem Hit „Panorama-Tour“, die mitten auf der Alster einen Stopp zum 360-Grad-Blick einlegt. Das ist nicht Internet: Das ist live! Romantiker entscheiden sich für die Dämmertour, knackige Sportler geben sich den „Iron Man“ von satten sechs bis sieben Stunden. „Total cooles Gefühl, man sitzt wie ein König, macht echt Spaß“, lobte ein erfolgreicher Belly Boater – nach welcher Tour, ist nicht überliefert …

Touriprogramm

Hand aufs Herz. Wart ihr schon mal im Turm vom Michel? Wann seid ihr das letzte Mal durch den alten Elbtunnel oder über den Isemarkt spaziert? Hamburg ist aus gutem Grund Touristenmagnet. Und bei aller Liebe zu den Areas, über die Touristen nicht so schnell stolpern, müssen zumindest wir für uns gestehen, dass wir manche Dinge, die andere an Hamburg lieben, in den letzten Jahren vernachlässigt haben. Das Miniatur Wunderland zum Beispiel gehört zu den berühmtesten und beliebtesten touristischen Zielen in Deutschland. Jetzt, wo die Abstände größer, die Gesichter bedeckter und die Hamburg-Besucher weniger geworden sind, könnt ihr endlich mal die Chance nutzen, euch selber ein Bild von der größten Modelleisenbahn der Welt zu machen. Außerdem unterstützt ihr mit Frederik und Gerrit Braun, den Gründern des Miniatur Wunderland, zwei Menschen, die ein mindestens genauso weltgrößtes Herz für die in unserer Gesellschaft haben, die es nicht so gut getroffen haben wie wir. Wenn man das nicht unterstützt, was dann? Statt Balkon-Blues zu schieben also einfach mal Hamburg als Tourist entdecken.